Verdi

Il mio Verdi , mein Verdi

Als ich das erste Mal in meinem Leben als 16 jähriger Schüler in Italien war, begann meine Liebe zu dem „schönsten Land der Welt“ , noch weit vor meiner Karriere als international gastierender Opernsänger, die mich später oft dorthin zurückführte. Da Italien zu dieser Zeit unter einem totalen Mangel an Münzgeld litt – dieses wurde Schiffe weise nach Japan verbracht – wurde jeder caffè al banco, jede Postkarte mit einem 1000 Lire Schein bezahlt.

Mille Lire

Und da sah ich ihn das erste Mal: Giuseppe Verdi
Natürlich kannte ich seine Musik ein wenig, aber erst beim Studium des Gesangs an der Musikhochschule in Köln, eröffnete sich mir sein Werk, seine Person und dieses grossartige 19. Jahrhundert in dem er lebte. Dann aber hatte ich das Glück als junger Student ihn in seiner Heimat, der Emilia Romagna, zu besuchen: Parma, Busseto, Le Roncole und vor allem seine Villa „Sant´Agata“, wo er sich als Weltstar schon in relativ jungen Jahren hin zurückzog.

Einer der Höhepunkte meiner Karriere waren dann meine Auftritte in der Scala di Milano, des künstlerischen Zuhauses von Verdi. Welch ein Tempel der Gesangskunst und des grossen romantischen Repertoires des 19. Jahrhunderts!

Und da fiel mir wieder mein alter 1000 Lire Schein ein, wenn einmal die Rückseite auftauchte:

Mille Lire

Io sono un contadino, ich bin ein Bauer

„Io sono un contadino“ , ich bin ein Bauer, war sein Credo und von den Einnahmen aus seinen Opern kaufte er sich in seiner Heimat sehr viel Land.

So kam es, dass die meisten Dinge auf dem Tisch der Villa von Sant´Agata von seinen Feldern und aus seiner Produktion stammten. Heute würde man sagen: ein Bio-Selbstversorger.

Die berühmtesten Produkte, der Parmiggiano Reggiano di Montagna und der Culatello di Zimbello ( das Beste vom Parmaschinken) hatte ich selbst in den Betrieben probieren können, die einst Maestro Verdi belieferten.

Aber auch die von ihm kreierten Gerichte wie die Tagliatelle alla Verdi, den Risotto alla Verdi und das Tournedos alla Verdi sprechen seine bodenverbundene Sprache, genau so wie auch seine Musik, seine unglaublich schönen Melodien, die bis heute die Welt erobern.


Il compositore, der Komponist

„Jede Musik hat ihren Himmel“ sagte Verdi und stellte als zentrales Thema die Liebe in den Mittelpunkt seiner Opern: die Gattenliebe, die Elternliebe, die Liebe zu „La Patria“, die Liebe zum Vaterland ( im italienischen ist es bezeichnenderweise das „Mutterland“ ).

Ihm ging es dabei um ganz irdische Dinge, wie Liebe, Hass, Eifersucht, Patriotismus, im Gegensatz zu dem anderen grossen Antipoden der romantischen Oper, R. Wagner, der das Thema der Erlösung in den Mittelpunkt seines Werkes stellte.

So sagte einmal A.Toscanini dass in der Zeit des Liebesduettes von Tristan und Isolde ein italienisches Paar bereits mehrere Kinder gezeugt hätte.

Wer kennt nicht den Triumphmarsch aus Aida, den Gefangenenchor aus Nabucco ,„la Donna è mobile“ aus Rigoletto, oder das „Brindisi“ aus La Traviata um nur einige der „Schlager“ Verdis, die die Welt erobert haben, zu nennen.

Ich werde Sie an diesem Abend in die berauschende Schönheit, die menschliche Tiefe und die Kraft einiger Opern Verdis einführen – lassen Sie sich überraschen …


Hier ein kleines Beispiel wie Verdi im hohen Alter von 78 Jahren immer noch eine überwältigend kraftvolle Musik schrieb:

Gala Konzert der Metropolitan Oper N.Y. mit P. Domingo als Otello und Sh. Milnes als Jago aus Verdis Otello

Il Patriota, der Patriot

Verdi ( 1813 – 1901 ) war auch eine herausragende politische Person in der Geschichte Italiens des 19. Jahrhunderts, des Jahrhunderts des Resorgimentos, der Einigung Italiens, die 1861 erfolgte. Es war seine Musik, die den Wunsch der Italiener nach einer geeinigten „Patria“ auf grandiose Weise ausdrückte und beflügelte: „Va pensiero sull´ali dorate“ aus seinem Nabucco wurde zu einem Kampflied, zur heimlichen Nationalhymne Italiens.

„VIVA  V. E. R. D. I.“

wurde überall in Italien als Parole gegen die ausländischen Besatzer an die Wände geschrieben, da die Bewunderung für einen Komponisten politisch nicht provozierte.

Aber man tat es doch, indem diese Parole für den späteren, ersten König des geeinten Italiens stand:

Viva 
V.ittorio E.manuel R.e  D´ I.talia

17.3.2011 Staatsakt Oper Rom, Nabucco, R. Muti

Noch heute verkörpert Verdis Musik die heimliche Nationalhymne Italiens, wie der feierliche Staatsakt im Jahre 2011 anlässlich des 150. Jahrestages der italienischen Einigung von 1861 zeigt:

Galavorstellung/Staatsakt in der Oper Rom, Gefangenenchor aus Nabucco unter der Leitung von R. Muti.


L´Umanista, der Humanist

Als Verdi einmal gefragt wurde welches seiner Werke das Schönste für ihn sei, antwortete er: la Casa di Riposo per Musicisti , das Altersheim für Musiker in Mailand.

Bis heute finden Musiker/Sänger hier eine würdige Unterkunft, was auch sehr eindrucksvoll von der Arte Doku „Il Bacio di Tosca“ vermittelt wird.

Verdi stiftete den Bau und auch dessen Unterhalt, der bis heute aus den Tantiemen seiner Opern bezahlt wird.


Noch heute finden die alten Musiker und Sänger ein würdiges Zuhause in der Casa di Riposo, was sehr schön in der Arte-Doku „ Il Bacio di Tosca“ beschrieben wird:


La Fine, das Ende

Im hohen Alter von 88 Jahren starb dieser grosse Künstler, Patriot und Humanist am 27. Januar 1901 in Mailand.

Sein Beerdigungszug, an dem Hunderttausende von Menschen in Milano teilnahmen und 900 Chorsänger unter dem Dirigat von Arturo Toscanini das „Va pensiero“ aus Nabucco sangen, stellte jenen von Königen in den Schatten.

Verdi Beerdigungszug

Am Ende seines Lebens war Verdi sehr einsam, da auf Grund seines hohen Alters seine Frau, G. Strepponi, und auch die meisten seiner Freunde gestorben waren.

Vielleicht empfand er seinen friedlichen Tod als Erlösung mit seiner Musik im inneren Ohr:

R. Tebaldi mit dem „Ave Maria“ aus dem 4. Akt des Otello

Renata Tebaldi: Verdi – Otello, ‚Ave Maria‘

Seine letzte, bescheidene Ruhestätte fand Verdi dann in seiner Casa di Riposo in Milano.

Im Gegensatz zu seinem Antipoden R. Wagner, der sein künstlerisches Werk mit dem „Bühnenweihespiel“ des Parsifal und den Worten „Erlösung dem Erlöser“ schloss, beendete Verdi sein Schaffen mit einer shakesperianischen Kommödie, dem Falstaff.

Und obwohl es in seinen Opern immer mindestens einen Toten oder eine Tote gibt, sind seine letzten Worte als Künstler:

„Tutto nella vita è burla“
… alles im Leben ist Spass.

Die Schlussfuge des Falstaff in einer Live Aufführung der Metropolitan Opera N.Y.
Verdi - Falstaff

Bravo Maestro Verdi !

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